„Leben wie vor 8000 Jahren“
Markus Klek über seine Steinzeit-Challenge

Als Steinzeitwanderer im Winter vom Raustein bis Freiburg. Mit Schneeschuhen durch Lappland. Solche Abenteuertouren gehören zum Leben von Markus Klek – und wir haben schon häufiger darüber berichtet. Jetzt gibt es eine neue Doku bei TerraX.
Schramberg. Seit zehn Jahren lebt der Paläotechniker in seinem Häuschen im Raustein und erforscht die Lebensweise der Menschen in der Steinzeit. Mit Werkzeug aus Feuerstein und Knochen baut er Schlitten nach, Waffen oder auch Haushaltsgegenstände. Er schneidert sich Kleidung und bereitet sich Mahlzeiten zu. In Kursen, Vorträgen und an Museen vermittelt er sein Wissen.
Er bietet aber auch Camps an, in denen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in die Mittelsteinzeit vor 8000 Jahren zurückversetzen lassen können. Bei einem solchen Camp in diesem Jahr war ein Team von TerraX dabei. Der Film ist nun unter anderem auf YouTube zu sehen (siehe unten). Die NRWZ sprach mit Klek über die Arbeit an dem Film und seine weiteren Pläne.

Ein Camp im Spanien
NRWZ: Herr Klek, wir kennen Sie aus kalten Einsätzen, sowohl im Schwarzwald als auch in Nordschweden. Jetzt haben Sie eine eher heiße Geschichte gemacht.
Markus Klek: Ja, das war nicht das erste Mal, dass ich in Spanien war. Auch dieses Lager hat jetzt schon zum zweiten Mal stattgefunden. Ich selbst war da zum dritten Mal für mehrere Wochen steinzeitlich unterwegs. Ich mag es natürlich auch persönlich gerne warm und auch vielseitig.
Die Bedingungen in Spanien sind sicher angenehmer als im Norden Schweden?
Klar, deswegen ist es für mich eine Option, sowas im Sommer durchzuführen, weil doch einiges viel angenehmer ist. Und vor allem, wenn man Leute mitnehmen will wie jetzt, als das Filmteam von TerraX dabei war.
Warum?
Ich wollte auch Leute mitnehmen, die von dieser Art von Geschichtserleben nicht viel Erfahrung haben. Da ist es die einzige Möglichkeit, sowas in wärmeren Gefilden zu machen und nicht im Winter in Schweden oder Norwegen.
Dieses Camp war etwas Besonderes, weil ein Fernsehteam Euch begleitet hat.
Genau, das hatten wir so noch nicht. Das war natürlich mit den Teilnehmern, die dafür ja auch Geld bezahlen, um da in Ruhe die Steinzeit ausprobieren zu können, im Vorhinein abgesprochen. Die Teilnehmer, die keine Lust hatten, dass dieses Filmteam dabei ist, die sind dann eben in der zweiten Woche gekommen.

Das Fernsehteam und die Gruppe
Was verändert sich, wenn da ein Kamerateam dabei ist?
Terra X-ist ein Format, das natürlich einen ganz bestimmten Blickwinkel auf solche Sachen hat. Das muss natürlich auch Leute packen, es muss Action dabei sein. Aber ich finde, sie haben einen schönen Beitrag gemacht.
Man muss sich da auch gegenseitig vertrauen, oder?
Ich kenne das Team schon aus Schweden. Deswegen hab ich da überhaupt zugesagt. Aber natürlich fallen auch ganz viele Punkte, die den Teilnehmern und mir wichtig sind, unter den Tisch.
Nämlich?
Es geht mir eigentlich nicht darum, in der Steinzeit zu überleben. Dieser Überlebensfaktor, auf dem ja gerne immer rumgeritten wird, der steht für mich gar nicht im Vordergrund. Mir geht es darum, den Leuten die Möglichkeit zu bieten, gewisse Aspekte steinzeitlichen Lebens am eigenen Körper nachzuempfinden und zu erleben. Es geht um Kleidung und Essen, Sachen, die sich auch machen lassen, auch wenn man wenig Erfahrung hat. Und Dinge, die legal sind. Es geht darum, ein imaginäres steinzeitliches Lagerleben nachzuempfinden und das ist schon Herausforderungen genug.
Das Lager ist schon vorbereitet auf Euch, Ihr musstet nicht von Grund auf alles herrichten.
Richtig, dieses Lager ist ausgestattet mit Lebensmitteln und mit rudimentären Unterkünften Es gibt Wasser in der Nähe und so weiter. Teilweise haben die Leute ihre eigene Bekleidung vorher gemacht, teilweise wurde die gestellt.

Wie ist das mit den Lebensmitteln?
Klar, wir haben keine Hamburger und keine Fruchtschnitten und so, sondern, das sind alles Lebensmittel, wie die in der Steinzeit auch existiert haben oder haben könnten. Das ist schon eine große Umstellung, ohne Weißmehl, ohne Zucker, ohne Kaffee und so weiter, ohne vorgefertigte Lebensmittel. Es muss gekocht werden, dann muss Wasser geholt werden, es muss Feuer gemacht werden.
Das Thema Feuer ist sicher eine Herausforderung?
Da könnte man ein dickes Buch drüberschreiben, wie man bestimmte Feuer machen muss für bestimmte Zwecke zum Kochen, für Licht, für Wärme. Das muss alles gelernt werden, das ist nicht so einfach, wie sich das anhört.
Jagen geht nicht
Haben die Teilnehmer auch Werkzeuge hergestellt
Ja, die Leute wollen etwas machen. Klar, sie haben kein Werkzeug, also müssen Werkzeuge hergestellt werden. Außerdem bringen die Teilnehmer natürlich auch sehr viel eigenes Input.
Inwiefern?
Manche kennen sich beispielsweise sehr gut mit Pflanzen aus. Dann sag ich: ‚OK, dann soll es heute um essbare Pflanzen gehen. Es gibt viele kleine Details, die in so einem 40-minütigen Beitrag nicht alle abgehandelt werden können.
Sie haben gerade gesagt, alles was legal ist, haben wir gemacht, was wäre denn illegal?
Also illegal wäre auf die Jagd zu gehen mit steinzeitlichen Waffen, das ist natürlich verboten. So was kann man nur in den USA machen. Bogenjagd ist auch in einigen europäischen Ländern erlaubt, aber natürlich nicht mit steinzeitlichem Gerät.
Wäre die Jagd mit Pfeil und Bogen Tierquälerei?
Ich würde grundsätzlich nicht sagen, das ist Tierquälerei. Wenn man das richtig macht, dann kann das durchaus in Ordnung sein. Aber vor allem bei steinzeitlichem Gerät, was noch viel anspruchsvoller ist, müsste man sich natürlich entsprechend auskennen. Weil wir eben nichts heute Illegales machen, ist es natürlich auch nicht 100 Prozent Steinzeit. Das geht auch gar nicht.
Den Anspruch haben Sie auch gar nicht?
Genau, es ist eine Annäherung.

Eine Annäherung
Sie und Ihre Teilnehmer haben Brillen auf der Nase…
Genau. Ich habe dem Redakteur des Film deshalb auch gesagt, beim nächsten Mal sollten wir diese Thematik schon im Film abhandeln, damit die Leute nachher nicht diese naseweisen Kommentare bringen: ‚Aber ja, wieso hat der jetzt ’ne Brille auf der Nase?‘ Wir leben halt nicht in der Steinzeit, sondern im 21. Jahrhundert. Ich kann ja auch nicht von den Leuten erwarten, dass sie sich ihre ganzen Zahnfüllungen wieder rausnehmen lassen, um teilzunehmen. Das sind Zugeständnisse an die Moderne, ohne die geht es nicht. Ich könnt mir ja auch Kontaktlinsen einsetzen, da hätte es niemand gesehen und es wär trotzdem so.
Wenn man sich die Lebenserwartung in der Steinzeit anschaut und die deiner Teilnehmer, das würde ja auch nicht passen. Vor 8000 Jahren wäre man vielleicht 25 oder 30 Jahre alt geworden ist.
Genau, das ist auch natürlich interessant. Da bin ich erst durch Kommentare unter dem Film drauf aufmerksam geworden und habe darüber nachdenken müssen. Ja, das war ‚eine völlig überalterte Gruppe‘ wie jemand schreibt. Aber ich kann ja nichts dafür, dass die jungen Leute lieber hinter der Mattscheibe sitzen, als aktiv davor irgendwas zu machen.
Ist das Steinzeithobby wirklich nur was für ältere Leute?
Nein, da machen auch schon jüngere Leute mit. Das war bei dieser Gruppe eher zufällig so. Wir haben auch schon Kinder dabeigehabt. Im Übrigen habe ich gerade eben erst wieder in einem archäologischen Fachartikel gelesen, dass nichts dagegen spricht, dass die Menschen zu jener Zeit auch 60 Jahre alt werden konnten. Allerdings hat man relativ wenig Gräberfunde.
Abgesehen vom Alter was hat noch nicht so ganz gepasst?
Unsere Gruppenkonstellation war auch keine typische Steinzeitgruppe. Es fehlten auch die Kinder. Dafür hatten wir dann die Senioren eben dabei.
Die Gruppendynamik ist wichtig
Gab es auch so etwas wie Gruppendynamik, die dann eine Rolle gespielt hat, auch für die Filmleute und für Sie?
Ja, das ist natürlich ein ganz wichtiger Punkt. Ich treffe da eine Vorauswahl. Die Leute, die zu diesen Events kommen, die wähle ich vorher aus. Man kann sich nicht einfach anmelden und ich nehme jeden, der Lust draufhat. Ich mache dazu Videointerviews.
Bei der nächsten Tour in Schweden möchten Sie mit einer Gruppe unterwegs sein?
Da ist diese Vorauswahl noch wichtiger. Man muss gucken, dass die Leute nicht völlig irrsinnige Vorstellungen haben von dem, was dort passiert. Und natürlich muss ich davon ausgehen können, dass die sich in eine Gruppendynamik integrieren können und dass sie auch die nötige Fitness aufweisen. Man weiß trotzdem nicht, wenn man als Kleingruppe unter diesen doch extremen Umständen zusammenlebt, wie sich die Dynamik entwickelt.
Und wie hat es bisher geklappt?
Bisher hatte ich immer Glück, das hat alles gut funktioniert. Aber es haben auch Leute schon so ein Camp verlassen, nicht dieses, sondern das letzte.
Warum?
Sie haben gesagt, sie packen das nicht, sie hätten sich das anders vorgestellt und sind vorzeitig wieder abgereist.

Wir machen kein Dschungelcamp
Mit dem Fernsehteam, das ist ja nochmal eine andere Sache?
Da gab es auch viele Gespräche mit dem Kamerateam vorher. Wir haben gesagt, das muss ganz minimal invasiv sein, wie ihr da filmt, denn die Leute wollen nicht vor der Kamera performen.
Die sind hier nicht im Dschungelcamp?
Genau, ich hab dem Team gesagt, ihr dürft eigentlich nur dokumentieren. Da mussten wir zwischendrin auch mal Rücksprache halten. Ganz wichtig ist, dass man offenbleibt und es ist teilweise extrem für alle Beteiligten. Da kann es natürlich schon auch zu Konflikten kommen.
Haben Sie von Teilnehmenden erfahren, wie ihnen der Film gefällt?
Die meisten fanden das super, waren happy. Es gab auch vereinzelt Kritik, der Schwerpunkt sei schon arg auf dem und dem, und andere Sachen wurden gar nicht angesprochen. Aber im Großen und Ganzen haben die alle gesagt, ja das ist toll. Für die Teilnehmer ein schöner ein Erinnerungswert, den man Freunden und Bekannten zeigen kann: ‘Guck mal hier, so war das, da war ich dabei!‘
Das Gespräch führte Martin Himmelheber
Info: Die sehenswerte TerraX Doku über das Camp in Spanien mit Markus Klek ist hier zu sehen.